Wo drückt der Schuh?


Kammerpräsidentin besucht Groß-Gerauer Handwerk

Gestörte Lieferketten, Fachkräftemangel und Bürokratie bremsen das Handwerk aus


Nah dran sein, erfahren, was die Menschen bewegt: Betriebsbesuche im Kammerbezirk haben für Susanne Haus, Präsidentin der Handwerkskammer Frankfurt-Rhein-Main eine hohe Bedeutung. Jüngst war sie zusammen mit Kreishandwerksmeister Walter Tögel im Kreis Groß-Gerau unterwegs.
 

Gegen Preisdumping und für mehr Anerkennung


Bei der IWS Richter GmbH in Biebesheim dreht sich alles um Elektrotechnik für Industrie- und Privatkunden. Schwerpunkte sind insbesondere Photovoltaik, Klimatisierung und nachhaltige Gebäudetechnik. Rigobert Richter beklagt den seiner Ansicht nach geringen Stellenwert, den das Handwerk in der Gesellschaft habe. Hinzu kämen Preisdumping und Bürokratismus. Kammerpräsidentin Haus bekräftigte, dass Bürokratieabbau ein zentrales Thema der Interessenvertretung der Handwerkskammer sei. „Langsam dreht sich die Stimmung und die Politik erkennt, dass ohne das Handwerk nichts geht.“
Richter sieht zudem den Akademisierungstrend skeptisch und meinte: „Früher war ein Hauptschulabschluss nichts Schlechtes. Heute gilt nur noch das Abitur etwas.“ 

Das Bild zeigt Landrat Thomas Will, Rigobert Richter, Susanne Haus und Ulrich Tögel. Foto: Innung
 

Fachkräftemangel und gestörte Lieferketten machen den Betrieben das Leben schwer


Auch Schreinermeister Robert Losing, Geschäftsführer von Raumkonzept plus GmbH in Riedstadt schlägt in dieselbe Kerbe: Gerade für den Schulbau – einer der besonderen Schwerpunkte des Unternehmens – sei Termintreue sehr wichtig. Umso problematischer seien jetzt die sehr langen Lieferzeiten und erhöhte Materialkosten. Zum Aufbau seiner Fachkräfte geht Robert Losing einen kreativen Weg: „Wir nehmen gerne Studienabbrecher als Auszubildende. Unser aktueller Tischler-Azubi kam auf Vermittlung des Projekts Yourpush der Handwerkskammer.“  Kammerpräsidentin Susanne Haus erläuterte die Idee des Campus für Berufliche Bildung in Frankfurt, von der man sich eine Annäherung an akademische Bildungswege und Bildungsorte erhoffe, um das System Duale Bildung attraktiv zu halten.

Mehr zu yourPUSH Campus berufliche Bildung

KHM Ulrich Tögel, Betriebsleiter Maler und Lackierer Thomas Broesing, HWK-Präsidentin Susanne Haus und Geschäftsführer Robert Losing auf dem Betriebsgelände in Riedstadt. Foto: Innung


Bürokratie und Formalismen lähmen


Als dritte Station wurde der Kfz-Meisterbetrieb Evermann und Herren in Riedstadt-Wolfskehlen besucht. Der Betrieb wird seit 2016 von Kraftfahrzeugmechanikermeister Kai Evermann und Mechaniker Gerd Herren geführt. Das Alltagsgeschäft besteht aus Oldtimer-, Youngtimer- und Neuwagenwartung aller Fabrikate. Zudem führt der Betrieb eine TÜV-Werkstatt. Die Kundenbindung funktioniere zwar gut, so Evermann. Allerdings: Bürokratie und Formalismen sind große Hemmnisse. Susanne Haus sagte: „Wir versuchen intensiv, die Dinge im Sinne des Handwerks zu beeinflussen, aber wir machen die Gesetze nicht.“
Einen ausfühlichen Bericht zu diesen Unternehmergesprächen finden Sie auch in der DHZ Ausgabe vom 21.10.2022