Registrierkassenpflicht und „Bonpflicht“ - Hintergründe


Die zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung
Seit dem 1. Januar 2020 müssen alle „digitalen Grundaufzeichnungen“, die u. a. mit einem elektronischen Kassensystem erstellt werden können, mit einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung (TSE) gesichert sein.
 
Niemand, der bislang keine elektronische Kasse, sondern nur eine so genannte „offene Ladenkasse“ verwendet, muss jetzt eine elektronische Kasse anschaffen!
 
Bereits vorhandene elektronische Kassen müssen aber die Anforderungen der Zertifizierung erfüllen.
 
Welche elektronischen Systeme unter diese Zertifizierungspflicht fallen, ist in der Kassensicherungsverordnung geregelt. Darunter fallen:
 
  • elektronische oder computergestützte Kassensysteme oder Registrierkassen
  • darunter auch: für den Verkauf von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen und deren Abrechnung spezialisierte elektronische Aufzeichnungssysteme, die Kassenfunktion haben (Kassenfunktion liegt vor, wenn die Einrichtungen der Erfassung und Abwicklung von zumindest teilweise baren Zahlungsvorgängen dienen können. „Geld“ kann auch elektronisches Geld in Form einer Geldkarte, virtuelle Konten oder Bonuspunkte von Drittanbietern oder Gutscheine sein, die anstelle von Bargeld angenommen werden. Es kommt nicht darauf an, dass das Gerät eine Kassenlade für die Aufnahme von Bargeld hat.)
  • z. B. elektronische Waagen mit Kassenfunktion, Tablet-Computer, die für Kassenvorgänge eingesetzt werden.
  • Vorsicht bei der Anschaffung elektronischer Waagen: Wenn die elektronische Waage eine Kassenfunktion besitzt, kann der Betriebsinhaber ansonsten nicht mehr mit „offener Ladenkasse“ arbeiten!  
 
Neu anzuschaffende Kassen müssen zertifiziert sein, bereits vorhandene elektronische Kassen müssen bis spätensens 30. September 2020 nachzertifiziert werden! Nehmen Sie hierzu, falls noch nicht geschehen, unverzüglich Kontakt mit Ihrem Steuerberater und mit Ihrem Kassenhersteller auf und fragen Sie diese, wie die Anforderungen der Zertifizierung erfüllt werden können! Kassenhersteller sollten sich vertraglich verpflichten, Rechtskonformität ihrer elektronischen Systeme nach § 146 der Abgabenordnung zu gewährleisten.
 
Es gibt noch eine Ausnahmeregelung für bestimmte Altgeräte: Wer im Zweitraum zwischen dem 25. November 2010 und vor dem 1. Januar 2020 eine elektronische Kasse angeschafft hat, die bauartbedingt nicht zertifiziert werden kann, darf diese längstens bis 31. Dezember 2022 weiter verwenden. Ob sich die Zertifizierung nachholen lässt, sollte verbindlich mit dem Hersteller der Kasse geklärt werden.

Dann, oder wenn Sie eine Kasse besitzen, die in dem o. g. Zeitraum nicht angeschafft, aber aufgerüstet wurde, oder wenn Sie eine geleaste Kasse besitzen, sollte Ihr Steuerberater beim Finanzamt einen Antrag auf Ausnahmeregelung nach § 148 AO stellen.
Sofern an Ihrer elektronische Kasse Veränderungen (Aufrüstung, Änderung der Software) vorgenommen wurden, sollten sämtliche Änderungen dokumentiert werden
 

Die „Bonpflicht“ für elektronische Kassensysteme

Was ist mit der „Bonpflicht“ ab 1. Januar 2020?

Zunächst ist festzuhalten, dass die Bonpflicht nicht für die offene Ladenkasse gilt (hier kann natürlich der Kunde wie seit je eine Quittung verlangen; dies folgt aus § 368 BGB).
 
Bei allen elektronischen Kassensystemen, auch bei denen, bei denen keine Nachrüstung und Zertifizierung möglich ist, ist nach der Kassensicherungsverordnung dem Kunden ein Beleg („Bon) auszuhändigen – ob der Kunde diesen Beleg mitnimmt oder nicht.

Es genügt nicht mehr, erstmal zu fragen „brauchen Sie einen Beleg?“. Die Bonpflicht muss unbedingt eingehalten werden.

Rein theoretisch können Sie sich nach § 148 AO von der Belegausgabepflicht befreien lassen (Härtefallregelung). Praktisch kann diese Möglichkeit aber vernachlässigt werden.
 

Kassennachschau und Verfahrensdokumentation

Unabhängig davon, ob sie ein elektronisches Kassensystem oder weiterhin eine „offene Ladenkasse“ nutzen, brauchen Sie eine von Ihnen (eventuell mit Hilfe des Steuerberaters) erstelle Verfahrensdokumentation, in der schriftlich festgehalten ist, wie Sie mit Ihrer Kasse umgehen, Dies gilt auch für Ein-Mann bzw. Ein-Frau-Unternehmen. Der Außenprüfer des Finanzamts will diese Verfahrensdokumentation sehen und überprüfen, ob sie sich auch daran halten! Liegt keine Verfahrensdokumentation vor, eröffnen sich der Finanzverwaltung weite Spielräume zur nähren Überprüfung und auch zur Schätzung von Umsätzen.

Bereits seit dem 1. Januar 2018 kann die Finanzverwaltung während der üblichen Geschäfts- und Arbeitszeiten zur Kassen-Nachschau erscheinen und vor Ort die ordnungsgemäße Erfassung und Verbuchung von Kasseneinnahmen und Kassenausgaben mittels elektronischer Aufzeichnungssysteme oder offener Ladenkassen überprüfen. Einer vorherigen Ankündigung hierfür bedarf es nicht!

Was konkret in eine Verfahrensdokumentation gehört, ist gesetzlich nicht geregelt. Es ergibt sich aber aus den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung (GoBD) in Verbindung mit den konkreten Gegebenheiten des jeweiligen Unternehmens. Deshalb lässt sich diese Dokumentation nicht gut in einem Formular darstellen.
 
  
Handlungsbedarf

Für jedes Unternehmen in Deutschland besteht Handlungsbedarf im Hinblick auf folgende Fragen:
 
  • Ist meine „offene Ladenkasse“ noch zeitgemäß, weil Dokumentationspflichten elektronisch leichter erfüllt werden können?
  • Habe ich eine schriftliche Verfahrensdokumentation, die vollständig ist und an die ich mich halte?
  • Habe ich aufgrund bestimmter elektronischer Einrichtungen vielleicht schon eine elektronische Ladenkasse, ohne es bisher zu wissen?
  • Wenn ich eine elektronische Kasse habe: Erfüllt Sie die Voraussetzungen der Kassensicherungsverordnung und kann zertifiziert werden?
  • Wenn nein: Kann ich die Übergangsfrist in Anspruch nehmen?
  • Welches neue Kassensystem schaffe ich an, das alle Voraussetzungen erfüllt?
  
Die Handwerkskammer führt auch in diesem Jahr 2020 wieder Informationsveranstaltungen zu den Themen Registrierkasse und Kassennachschau durch. Informieren Sie sich auf unserer Homepage, oder lassen Sie sich in den Verteiler für Veranstaltungen aufnehmen!

 

Weitere Infos


Handreichung des ZDH zum Thema Kassenführung
 Info des Bundesfinanzministerium zur Belegausgabepflicht