Frankfurter Obermeistertagung 2018


Rückblick: Verkehrspolitik und Berufsschulen im Fokus
In Frankfurt haben sich die Obermeister der für Frankfurt zuständigen Innungen und weitere Vertreter aus dem Frankfurter Handwerk getroffen. Im besonderen Fokus der Tagung diesmal: Verkehr, Bildung und Umwelt. Einmal im Jahr treffen sich die Obermeister der für Frankfurt zuständigen Innungen, um sich mit der Stadt Frankfurt und der Wirtschaftsförderung auszutauschen. Ziel ist, die Anliegen des Handwerks sichtbar zu machen und mit den jeweils zuständigen Vertretern der Experten zu diskutieren – „und so die Standortgestaltung weiter voranzutreiben“, betont Bernd Ehinger, Präsident der Handwerkskammer Frankfurt-Rhein-Main.
 







Felix Diemerling

Was ich vom Fahrverbot in Frankfurts Innenstadt halte?
Das Ziel, gesunde Luft in der Stadt zu haben, stellt niemand in Frage. Durch Nachrüstungen kann bei den meisten Fahrzeugen das Fahrverbot abgewendet werden. Die Kosten müssen selbstverständlich die Hersteller zahlen, die falsche Angaben zu Schadstoffen gemacht haben.

Das wird uns Handwerker in den nächsten Jahren besonders fordern...
Guten Nachwuchs zu bekommen, der die hohe Qualität des deutschen Handwerks in die nächste Generation weiterführt. Aber auch das wird in gemeinsamer Anstrengung von Kammern, Verbänden und Innungen gelingen.

Meine Meinung zur Meisterpflicht?
Die Abschaffung der Meisterpflicht hat sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze und vor allem Ausbildungsangebote zerstört und unqualifizierten Anbietern Tür und Tor geöffnet. Die Meisterpflicht muss wieder verpflichtend eingeführt werden. Das ist gelebter Verbraucherschutz, Garant für hohe Ausbildungsleistung und damit auch für die handwerkliche Qualität der Zukunft. Die Ausnahmetatbestände müssen zudem unbedingt wieder auf ein Minimum zurückgeführt werden, nur dann kann die Meisterpflicht wirken.

Felix Diemerling ist geschäftsführender Gesellschafter Baudekoration Diemerling GmbH sowie Stv. Obermeister und Geschäftsführer der Maler- und Lackiererinnung Rhein-Main.

 







Oliver Claus

Was ich vom Fahrverbot in Frankfurts Innenstadt halte?
Die Politik hat es lange versäumt, das Recht der Menschen auf sauber Luft ernst zu nehmen. Das Fahrverbot für ältere Diesel-Fahrzeuge ist nun die Konsequenz, die für mich nicht überraschend kommt. Viele haben zu lange gehofft, dass sich dieses Problem von selbst löst, anstatt das Risiko zu sehen und an Lösungen zu arbeiten. Die alternativen Mobilitätsformen werden noch nicht genug wahrgenommen und umgesetzt. Es gibt klare Alternativen zu einem Auto in der Stadt. Es darf jetzt nicht heißen: Wie bekomme ich eine Sondergenehmigung, um doch noch mit meinem alten Diesel weiterfahren zu dürfen? Sondern: Wie sehen die Lösungen für eine umweltfreundlichere Lösung aus?

Das wird uns Handwerker in den nächsten Jahren besonders fordern...
Die größte Herausforderung der nächsten Jahre ist der Fachkräftemangel. Wir haben die letzten beiden Jahre keine geeigneten Kandidaten für eine Ausbildung gefunden. Aktuell sind wir auf der Suche nach Verstärkung, um der Nachfrage nach unseren Leistungen gerecht werden zu können. Wir als Handwerker müssen zeigen, dass wir eine wirkliche Alternative zu den anderen Ausbildungs- und Berufsmöglichkeiten sind. Dazu müssen sich auch die Verdienstmöglichkeiten im Handwerk an den anderen Berufen messen lassen.

Meine Meinung zur Meisterpflicht?
Die Meisterpflicht sehe ich als einen wichtigen Baustein unserer dualen Ausbildung und als Möglichkeit, Fachwissen innerhalb kürzester Zeit auf hohem Niveau zu bekommen. Von der Politik würde ich mir ein klares Signal zum Meister, nicht nur durch Gleichstellung mit dem Bachelor, sondern auch indem die Meisterausbildung wie auch ein Erststudium kostenfrei ist, wünschen. Allerdings bin ich auch für ein nicht dogmatisches Festhalten an der Meisterpflicht in allen Fällen. Die Altgesellenregelung und der Sachkundenachweis sind hier wichtige Bausteine.

Oliver Claus ist Inhaber der Firma Fahrrad Claus, Trebur, und Landesinnungsmeister der Zweiradmechaniker-Innung-Hessen















Raimund Ernst
 

Was ich vom Fahrverbot in Frankfurts Innenstadt halte?
Es klingt wie ein Treppenwitz: Ein Fahrverbot für Frankfurt für die vielen Besucher, Pendler und Gewerbetreibenden. Nicht etwa nur für die Innenstadt, sondern hier wird über das gesamte Stadtgebiet (jetzige Umweltzone) nachgedacht. Niemand, mit dem ich gesprochen habe, findet es gut und richtig, aber politisch scheint es gewollt. Bislang gibt es keine Partei, die sich gegen ein Fahrverbot in Frankfurt ausspricht. Arbeitet die Politik im Sinne der Wähler? Im Oktober ist hessische Landtagswahl, Zeit für die Wähler, mal Zeichen zu setzen. Frankfurt ist kein beschauliches Dorf am Rande des Taunus, sondern lebt und „wirtschaftet“. Eins steht heute schon fest: Wenn ein Fahrverbot für Frankfurt kommt, wird es im Handwerk Betriebsschließungen geben, weil nicht jeder wirtschaftlich in der Lage ist, seine Diesel-Fahrzeuge einfach auszutauschen. Ob das auch politisch gewollt ist? Einfach nur mal vorher sagen, damit der Wähler sich darauf einstellen kann.

Das wird uns Handwerker in den nächsten Jahren besonders fordern...
Wir beobachten eine schleichende Entwicklung zu immer mehr Normen und technischen Regelwerken, die kein Betrieb in der Praxis kennen kann und die letztlich dem ausführenden Handwerker den „Schwarzen Peter“ für Fehler zuschieben. Das belastet viele Betriebe wirtschaftlich erheblich. Hier besteht dringender Reformbedarf hin zur Verschlankung und besseren Handhabung der Regelwerke. Im gleichen Maße werden Handwerksbetriebe die Aus- und Weiterbildung verstärken müssen, um sich wirksam vor dieser Entwicklung zu schützen.

Meine Meinung zur Meisterpflicht?
Mit der Abschaffung der Meisterpflicht hat die Politik dem Handwerk einen Bärendienst erwiesen. Das Ergebnis sind nicht wirtschaftlich starke Betriebe, wie wir sie brauchen, die durch Kontinuität auch nach Jahren noch dem Kunden zur Verfügung stehen, sondern eine Vielzahl von „Einzelkämpfern“, die ums wirtschaftliche Überleben kämpfen. Gut, dass über diese Fehlentwicklung neu nachgedacht wird.

Raimund Ernst ist Geschäftsführer der Bauinnung Frankfurt am Main.







Jens Iwan Schönfelder

Was ich vom Fahrverbot in Frankfurts Innenstadt halte?
Wir baden aus, was Konzerne und Politik verbockt haben.

Das wird uns Handwerker in den nächsten Jahren besonders fordern...
Der Kampf mit den Behörden.

Meine Meinung zur Meisterpflicht?
Der Meister hat nicht mehr den Stellenwert, den er mal hatte.

Jens Iwan Schönfelder ist Geschäftsführender Gesellschafter der Konditorei ConditCouture in Frankfurt am Main.

 











Traudel Sperlich

Was ich vom Fahrverbot in Frankfurts Innenstadt halte?
Ich finde das Fahrverbot in Frankfurts Innenstadt nicht gut, da es die trifft, die es sich nicht leisten können, auf Elektro-Autos umzusteigen. Es trifft die Kleinbetriebe, die meistens gerade so ihr Auskommen haben und für die es unmöglich ist, sich so schnell ein neues Auto kaufen zu können.

Das wird uns Handwerker in den nächsten Jahren besonders fordern...
Die Dumpingpreise, die von vielen europäischen Firmen angeboten werden, sind für viele hiesige Handwerker nicht aufzufangen, da die Mietpreise, Umlagen und auch die Sozialabgaben weiter steigen werden. Diese müssen ja in die Preise mit einkalkuliert werden. Auch dass es in den Städten für Handwerker immer schlimmer ist, ihr Auto da zu parken, wo die Handwerker arbeiten müssen.

Meine Meinung zur Meisterpflicht?
Ich bin der Meinung, dass die Meisterpflicht bestehen bleiben soll. Der Meisterbrief setzt eine gute Grundausbildung, eine abgeschlossenen Lehre sowie mehrere Gesellenjahre voraus und auch die kaufmännische Seite ist äußerst wichtig. Denn nur dann kann man qualitativ hochwertige Sachen herstellen und verkaufen.

Traudel Sperlich ist Geschäftsführerin der Sperlich Druck und Verlag GbR in Frankfurt am Main.

 





Roland Thießen


Was ich vom Fahrverbot in Frankfurts Innenstadt halte?
Die Abwälzung der Folgekosten zur Einhaltung der Umweltauflagen auf die Allgemeinheit, die aus einem gebrochenen Versprechen der Autoindustrie mit zum Teil krimineller Absicht resultieren, halte ich für Politikversagen. Dieselfahrzeuge mit Euronorm 5 müssen schon aus Gründen der Versorgung und Aufrechterhaltung der städtischen Gesellschaft mit Übergangsfristen und Ausnahmegenehmigungen von Fahrverboten ausgenommen werden. Das entbindet die Hersteller dieser Fahrzeuge aber nicht von der Pflicht einer Hartware-Nachrüstung mit Kostenübernahme, deren Umsetzung durch die Politik und die Gerichte im Sinne des Verursacherprinzips geboten ist.

Das wird uns Handwerker in den nächsten Jahren besonders fordern...
Der demografische Faktor wird in den nächsten Jahren wegen des Ausscheidens eines großen Teils der geburtenstarken Jahrgänge zu Personalmangel führen. Auch wenn die Imagekampagne des Handwerks jetzt erste Erfolge zeigt und die Handwerksberufe an Attraktivität gewinnen, wird die Qualifizierung des Nachwuchses noch dauern.

Meine Meinung zur Meisterpflicht?
Von den bei der Abschaffung der Meisterpflicht 2004 anvisierten Zielen für die Gesellschaft ist keines eingetreten. Ganz im Gegenteil hat es bei den ausbildungsrelevanten Gewerken zu einem signifikanten Rückgang der Ausbildungszahlen geführt, den Verbraucherschutz ausgehöhlt und die Insolvenzrate im Handwerk ansteigen lassen. Auch bei der Fort- und Weiterbildung sehe ich eine nachlassende Tendenz. 

Roland Thießen ist Landesinnungsmeister und Geschäftsführer des Landesverbands Hessen sowie der Maßschneider-Innung Rhein-Main.

Fotos: privat