Ist Energie morgen noch bezahlbar?

Sie möchten sich die Diskussion noch einmal in ganzer Länger ansehen? Hier finden Sie die Aufzeichnung der Veranstaltung.

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Produktausfälle, gestörte Lieferketten, kalte Wohnungen und bald 10 Euro fürs Brot?


Täglich neue Meldungen vom drohenden Energieausfällen, verbunden mit enorm steigenden Energiepreisen und immer unkalkulierbareren unternehmerischen Risiken: Mit dieser Thematik und der Frage, wie sich diese Entwicklung auf die Betriebe auswirkt, beschäftigte sich die Veranstaltung der Handwerkskammer Frankfurt-Rhein-Main zusammen mit den Industrie- und Handelskammern Darmstadt, Frankfurt und Offenbach.

Die Veranstaltung in voller Länge

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Auf dem Podium diskutierten



Susanne Haus

Präsidentin der Handwerkskammer Frankfurt-Rhein-Main Foto: Wachendörfer



Ulrich Caspar

Präsident der Industrie- und Handelskammer Frankfurt am Main Foto: IHK Frankfurt



Dr. Marie-Luise Wolff

Präsidentin des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft und Vorstandsvorsitzende der Entega AG, Darmstadt Foto: Entega



Dr. Constantin Alsheimer

Vorstandsvorsitzender der Mainova AG, Frankfurt Foto: Mainova

bericht


„Ist Energie morgen noch bezahlbar?“

Was kommt auf Unternehmen noch zu? Diskussionsrunde mit Energieversorgern

Die Strom- und Gasrechnungen haben in den vergangenen Wochen und Monaten ungekannte Höhen erreicht. Der Krieg in der Ukraine, die Diskussionen um ein Embargo für Öl und Gas aus Russland sowie ein möglicher Lieferstopp setzen die Märkte unter Druck. Schon jetzt können viele Betriebe die Mehrbelastungen kaum schultern. Wie soll es weitergehen? Antworten gab es in der Podiumsdiskussion „Ist Energie morgen noch bezahlbar?“, eine gemeinsame Veranstaltung der Handwerkskammer Frankfurt-Rhein-Main sowie der Industrie- und Handelskammern (IHK) Frankfurt, Darmstadt und Offenbach in den in den Räumen der Frankfurt University of Applied Sciences. Die Moderation übernahm FAZ-Redakteurin Inga Janovic.

„Im Handwerk ist Lage zum Teil dramatisch“, sagte Handwerkspräsidentin Susanne Haus. Besonders betroffen seien energieintensive Gewerke wie Bäcker und Metzger. So habe ein großer Frankfurter Bäcker schon im Januar fünfmal so viel fürs Gas gezahlt wie vor einem Jahr und mehr als doppelt so viel für Strom. Dazu kämen bei den Betrieben höhere Preise und Lieferprobleme bei Rohstoffen. Gleichzeitig litten viele noch unter Corona-Nachwirkungen. Erste Handwerksbetriebe seien bereits in Existenznot.

Auch für die Industrieunternehmen sei die Situation problematisch, es gebe keinerlei Planungssicherheit und generell große Unsicherheit, so IHK-Präsident Ulrich Caspar. „Jedes fünfte unserer Unternehmen ist direkt von den Auswirkungen der steigenden Energiekosten erheblich betroffen.“

Weitere Gäste in der Gesprächsrunde waren Dr. Marie-Luise Wolff, Präsidentin des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), Vorstandsvorsitzende der Entega AG und Vizepräsidentin der IHK Darmstadt sowie Dr. Constantin Alsheimer, Vorstandschef der Mainova AG in Frankfurt. Die Energieversorger erwarten so schnell keine Entspannung. Schon seit dem vergangenen September seien die Preise stark gestiegen, verdeutlichte Wolff. Als Gründe nannte sie Nachholeffekte in Form von höherer Produktion in der Industrie und ungewöhnlich leere Gasspeicher. Deutschlands größter Gasspeicher in Rehden (im Besitz von Gazprom) sei im Herbst kaum gefüllt gewesen.

Wenn von heute auf morgen kein Gas mehr geliefert würde, wären die Auswirkungen dramatisch, sagte Alsheimer. Die Bundesnetzagentur entscheide dann, welche Branchen die verbleibenden Mengen. Selbst wenn das Notfallszenario nicht einträte, habe man zwei herausfordernde Jahre vor sich, bis eine Infrastruktur für Flüssiggas (LNG) aufgebaut sei. Doch auch dann werde man das Niveau von 2020 wohl nicht erreichen, da die Nutzung von LNG grundsätzlich teurer sei als Pipeline-Gas.

In der Preisgestaltung bleibe den Versorgern wenig Spielraum. Auf die Frage von Moderatorin Janovic, ob man nicht den Gewinn der Vorjahre nutzen könnte, gab es ein klares Nein. Dafür seien die Margen der Energiehändler zu gering.

 

Energiewende weiter treiben


Die Energiewende verlangsamen wollen die Versorger nicht. Stattdessen fordern sie massive Investitionen in den Ausbau der erneuerbaren Energien, in Forschung und Entwicklung bei Wasserstoff und in Infrastruktur – allen voran bei den Netzen. „Nur erneuerbare Energien dämpfen dauerhaft die Energiepreise“, betonte Wolff. „
Für Entlastung bei den Firmen solle vor allem der Bund sorgen, der durch Steuern von den höheren Preisen profitiere. Der BDEW habe bereits eine Absenkung der Mehrwertsteuer von 19 auf sieben Prozent gefordert, sei damit aber bislang nicht durchgedrungen, sagte Verbandspräsidentin Wolff.

Die Wirtschaftsvertreter fordern weitere kurzfristige Lösungen. Das Handwerk setzt sich für eine Senkung der Verbrauchssteuern auf die in Europa geltenden Mindeststeuersätze ein und fordert eine zeitweise Aussetzung der CO2-Abgabe. Die Arbeitgeber sollten außerdem die 300 Euro Energiepauschale nicht in Vorleistung auszahlen müssen. Das würde den Betrieben zusätzlich auf die Liquidität drücken, sagte Handwerkspräsidentin Haus. Für die Umsetzung der Energiewende werde das Handwerk gebraucht – die Handwerkskammer tue alles, um dafür Fachkräfte zu gewinnen.
Einig waren sich die Podiumsteilnehmer, dass man eine Kraftanstrengung vor sich habe, die nur gemeinsam gelingen kann.