Kann ich Handwerk?


Modellprojekt „Hand-in-Hand“ vorgestellt

URSPRUNG Frankfurt gUG (haftungsbeschränkt)

Das von einer Stiftungsallianz gemeinsam mit der Handwerkskammer Frankfurt-Rhein-Main geförderte Modellprojekt „Hand-in-Hand“ der Lehrwerkstatt URSPRUNG weist Schülern und Neuankömmlingen neue Wege in den Handwerksberuf. Bei einer Pressekonferenz wurde das Projekt nun der Öffentlichkeit vorgestellt. Ziel von „Hand in Hand“ ist es, Schülerinnen und Schülern Gelegenheit zu geben, ihre handwerklichen Fertigkeiten zu entdecken und ihre Neigung für einen Handwerksberuf zu überprüfen. Dabei ist die Idee, dass die Schüler den Umgang mit den verschiedenen Materialien und die Techniken verschiedener Handwerksberufe unter fachkundiger Begleitung erproben, um einzuschätzen zu können, ob und welcher Handwerksberuf für sie in Frage kommt.

URSPRUNG ist eine gemeinnützige Initiative von Felix Titzka und Michael Wahl, die im November 2013 in den Räumen eines ehemaligen Supermarktes begonnen hat, Jugendlichen Möglichkeiten zum Handwerken zu geben, um ihnen – neben dem Spaß und dem Interesse – auch berufliche Perspektiven zu vermitteln. Besonderen Wert legt Ursprung darauf, gebrauchte Produkte und Materialien zu reparieren bzw. zu recyceln. Seit 2016 hat
Ursprung neue Werkstatträume in der Borsigallee bezogen. Das von der BHF-BANK-Stiftung mit ihren Stiftungspartnern konzipierte Projekt „Hand-in-
Hand“ sieht dafür ein mehrstufiges Angebot einer auf einander abgestimmten Berufsorientierung in Kooperation mit Schulen und der  Handwerkskammer Frankfurt-Rhein- Main vor. Begleitend bewerten die Lehrkräfte der beteiligten Schulen und die Fachkräfte bei URSPRUNG die Eignung der Schüler in einem Profilbogen.

Die Kurse bei URSPRUNG wenden sich an Schüler aus den InteA-Klassen in der Wilhelm- Merton-Schule sowie aus der 9. Klassenstufe der Friedrich-Ebert-Gesamtschule, die zunächst in der ersten Stufe im Rahmen des Regelunterrichts an einem Ausbildungssemester und in der zweiten Stufe bei Eignung und Interesse über zwei weitere Semestern an einer AG, dem Ausbildungsparcours teilnehmen dürfen. Die Kurse werden von pensionierten Handwerksmeistern sowie von Studenten aus dem Tellos-Programm der Crespo Foundation unterstützt. In der zweiten Stufe des Projekts, also während der AG-Phase werden in Partnerschaft mit Handwerksbetrieben praktische Einblicke in die Abläufe eines Handwerksbetriebes gegeben.

Zudem sollen den Schülern die Teilnahme an einer Praktikumsbörse bzw. Ausbildungsmesse und Vorstellungsgespräche bei Handwerksbetrieben ermöglicht werden, um sie in ein Praktikum zu vermitteln. Dabei kann den interessierten Betrieben ein Zwischenbericht auf Grundlage der erstellten Profilbögen zur Verfügung gestellt werden. Nach erfolgreichem Abschluss der zweisemestrigen AG soll den Schülern schließlich ein mehrtägiger Workshop in einem der drei Berufsbildungs- und Technologiezentren der Handwerkskammer Frankfurt-Rhein-Main angeboten werden.
Im Ergebnis erhalten die Schüler am Ende ihrer erfolgreichen Teilnahme an dem Projekt „Hand in Hand“ ein besonderes Eignungszeugnis, ein „Hand-in-Hand-Zertifikat“, in dem die Bewertung aus dem Schulunterricht, aus URSPRUNG, aus dem Praktikum und dem Ausbildungszentrum einfließen. Diese Bewertung bezieht sich nicht nur auf schulische Leistungen und erworbene Sprachkenntnisse, sondern auch auf die handwerkliche Eignung,
auf die Teamfähigkeit und Zuverlässigkeit in einem handwerklichen Betrieb. Je nach Eignung könnten sich sodann drei Optionen für die Schüler ergeben: Im besten Fall kann unmittelbar eine Ausbildungsstelle angetreten werden. Alternativ kommt die Aufnahme in das Programm „Einstiegsqualifizierung Jugendlicher“ (EQJ); also die Durchführung eines geförderten Langzeitpraktikums oder einer Aufnahme in das  Förderungsprogramm des Landes Hessen „Wirtschaft integriert“, also die Durchführung eines weiteren Ausbildungsprogrammes mit Sprachförderung in Betracht.

Dietmar Schmid, Vorsitzender des Vorstands der BHF-BANK-Stiftung, sagte: „Die BHFBANK- Stiftung konnte sich von der qualifizierten und engagierten Arbeit der Lehrwerkstatt „URSPRUNG“ überzeugen. Wir sind aus zwei Gründen initiativ geworden. Zum einen benötigen gerade Seiteneinsteiger, wozu viele Geflüchtete zählen, tatkräftige Hilfe bei der beruflichen Orientierung. Zum anderen haben Jugendliche in unserer Zeit immer seltener Gelegenheit, Werkräume zu finden, in denen sie etwas reparieren oder herstellen können. Deshalb sind wir froh, dass die Lehrwerkstatt „URSPRUNG“ auch das Programm „Werkraum+“ anbietet, bei dem Schüler aus ganz Frankfurt an offenen Werkstattnachmittagen ihr Fahrrad reparieren oder eine Lautsprecherbox bauen können.“

Dr. Aslak Petersen, Geschäftsführer der Crespo Foundation, sagte: „Die Crespo Foundation unterstützt Menschen, die in Schule und Beruf vorankommen wollen, aber durch soziale, finanzielle oder institutionelle Hürden aufgehalten werden. Mit dem Projekt TELLUS|miteinander lehren – voneinander lernen möchte die Stiftung einen Beitrag zur Integration junger Menschen mit Migrationsgeschichte, insbesondere Flüchtlingen leisten. Schülerinnen und Schüler der InteA-Klassen erhalten durch das Projekt Hilfe im Unterricht aber auch Unterstützung und Begleitung außerhalb der Schule, etwa bei gemeinsamen Aktivitäten oder im Bereich der beruflichen Orientierung. Das Projekt „Hand-in-Hand“ bildet aus Sicht der Stiftung eine wichtige Schnittstelle zwischen Schule und beruflicher Orientierung, indem es den Jugendlichen Einblicke in verschiedene Handwerksberufe gewährt und ihnen die Chance gibt, ihr Interesse und ihre Fähigkeiten für diesen Bereich zu entdecken und weiter auszubauen. Die Verzahnung von Hand-in-Hand und TELLUS ist für uns daher ein konsequenter Schritt und wir freuen uns, uns gemeinsam in diesem wichtigen und anspruchsvollen Feld zu engagieren.“

Dr. Christof Riess, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Frankfurt-Rhein-Main, sagte: „Schulabgänger haben grundsätzlich die Möglichkeit, aus über 130 Berufen im Rahmen einer Dualen Ausbildung zu wählen. Die Karriereoptionen im Handwerk sind exzellent: Meisterbrief, Geprüfter Betriebswirt nach der Handwerksordnung oder Fortbildung zum Internationalen Meister. Die Duale Bildung im Handwerk ist eine Alternative zur akademischen Ausbildung.“ Dr. Riess verwies auf die bereits erfolgreich durchgeführten und aktuellen Berufsorientierungsprojekte für Flüchtlinge, die hessenweit in den
Ausbildungszentren des Handwerks angeboten werden. „Die Duale Bildung ist eine sehr gute Basis in Sachen Integration, denn durch das Angebot in Berufsschule, Unternehmen und überbetrieblicher Lehrlingsunterweisung finden Auszubildenden eine einzigartige Kombination aus theoretischem und praktischem Unterricht sowie Lernen im Team vor.

Werner Goebl, Vorstand der Stiftung ProRegion: „Unsere Stiftung fördert zahlreiche Projekte zur Berufsorientierung an Schulen und zur beruflichen Integration von Geflüchteten in der Region Rhein-Main. Wir wollen damit einen Beitrag zur gesellschaftlichen Teilhabe junger Menschen leisten. Integration und Teilhabe funktionieren dann gut, wenn Menschen einer Existenz sichernden Beschäftigung nachgehen können. Das Projekt „Hand in Hand“ leistet hierfür die Grundlagenarbeit, die wir gerne aus Stiftungsmitteln unterstützen.“

Dr. Bert Rauscher, Vorsitzender des Vorstands der Heinz und Gisela Friederichs Stiftung: „Wir haben Herrn Titzka und Ursprung schon 2013 kennengelernt und uns davon überzeugen können, mit welcher Sach- und Fachkenntnis und welchem Engagement die Vermittlung handwerklicher Kenntnisse an Kinder und Jugendliche geschah. Deshalb haben wir schon 2013 und 2015 diese Initiative gefördert. Wir sind sicher, dass jetzt bei dem neuen Projekt „Hand-in Hand“ wie auch bei Werkraum +  wieder erfolgreich gearbeitet werden wird. Deshalb sind wir weiter dabei. Die Förderung der
technischen und handwerklichen Aus- und Weiterbildung gehört zu unseren Stiftungszwecken. Da zwei Karosseriebau-Unternehmen zu unserem Stiftungsvermögen gehören, sind wir bei diesem handwerksnahen Vorhaben gern dabei.“

Felix Titzka von URSPRUNG Frankfurt sagte: „Gemeinsam mit meinem Geschäftspartner Michael Wahl haben wir 2013 URSPRUNG gegründet. Unsere Ziele, die wir mit diesem Projekt verwirklichen wollen sind folgende: die Jugend zu fördern, die Generationen zusammenzuführen, die Weitergabe von Technikbegeisterung und die Wahrung handwerklicher Fähigkeiten. Ursprung vermittelt Jugendlichen Spaß und Neugier am Handwerk. In der Lehrwerkstatt können Jugendliche etwas selbst reparieren oder herstellen. Soweit es möglich ist, nutzen wir keine neuen Materialien, sondern setzen gezielt auf Recycling und Low Budget Baustoffe. So lernen die Jugendlichen, erfolgreich mit einem geringen Budget aber großer Kreativität und handwerklicher Eigenleistung etwas zu produzieren. Nach der Gründung im Jahr 2013 ging es stetig bergauf für URSPRUNG. Anfang 2014 nahm
das Projekt richtig Fahrt auf. Und jetzt- 2016- legt URSPRUNG mit dem Modellprojekt Hand in Hand noch ein/ zwei Gänge zu.

Der Stiftungsallianz und der Handwerkskammer Frankfurt ist es zu verdanken, dass URSPRUNG auch in Zukunft Jugendliche für das Handwerk begeistern wird. Um diese Begeisterung zu wecken gehen wir verschiedene Wege: So gehören zum festen Programm von URSPRUNG neben dem Arbeiten in der Lehrwerkstatt auch Besuche von anderen Werkstätten in der näheren Umgebung. Aktuell arbeiten wir auch dreimal pro Woche in der offenen Werkstatt des Frankfurter Kunstvereins. Dort haben wir Gelegenheit, mit dem Kunsthandwerker Team von Eric van Hove in der laufenden Ausstellung „Von der Transformation der Dinge“ zu arbeiten. Das ist ein großartiges Erlebnis für alle Beteiligten.

URSPRUNG ist froh und stolz, von der BHF Bank Stiftung, der Crespo Fundation, der Heinz und Gisela Friederichs Stiftung, der ProRegion Stiftung und der Frankfurter Handwerkskammer gefördert zu werden. Vielen, vielen Dank!“

Hintergrundinformationen:
URSPRUNG gemeinnützige UG
Ursprung ist eine im Jahr 2013 gegründete gemeinnützige Unternehmergesellschaft, die zunächst in mietfreien Räumen auf dem Atzelberg in Seckbach mit ihrem Werkstattangebot für Jugendliche, auch in Zusammenarbeit mit Regelschulen begonnen hat. Das Angebot wurde begeistert angenommen. Nachdem der Mietvertrag für die Werkstatt am Atzelberg im Sommer 2015 endete, hat URSPRUNG in einem Hinterhof in der Borsigallee zwischen den
Stadtteilen Seckbach, Riederwald und Fechenheim eine geeignete Lagerhalle als neuen Werkstattraum angemietet. In einem Umkreis von ca. 4 km befinden sich vier weiterführende Schulen, fünf Grundschulen und vier sogenannte soziale Brennpunkte. Der Standort ist mit öffentlichen Verkehrsmitteln, also mit U-Bahn und Buslinien gut zu erreichen. Der Werkstattraum wurde als Projekt mit Jugendlichen renoviert. Ursprung ist die Basis des
Modellprojekts „Hand-in-Hand“. Ursprung ist Mieter der Werkstatträume in der Borsigallee und gewährleistet den Betrieb. Zudem führt Ursprung unmittelbar in Zusammenarbeit mit den Kooperationspartnern von „Hand-in-Hand“ die Kursangebote für die InteA-Klassen und für die Gesamtschüler durch und organisiert den Ablauf des Programms.Werkraum+Ursprung wird daneben einen für alle Frankfurter offenen Werkraumnachmittag durchführen, an dem Jugendliche ab 12 Jahren unter Anleitung Gelegenheit bekommen, ein Fahrrad zu reparieren, eine Seifenkiste, einen Lautsprecher oder ein Möbelstück, auch aus Altmaterialien bzw. Abfallholz zu bauen und zu konstruieren. Beabsichtigt ist, im Projekt Werkraum+ auch ein offenes Workshop Angebot in Kooperation mit dem Umweltexploratorium e.V. zu integrieren (Teilnahme nach Anmeldung), mit dem zu Themenstellungen konkrete Kenntnisse im Bereich Technik und Umwelt vermittelt werden sollen. Es sollen Kurse veranstaltet werden, in denen Kinder zum Beispiel Brücken bauen, um sie mit den Grundlagen der Statik bekannt zu machen oder sie können erproben, wie man einen 3D-Drucker konstruiert.
InteA-Programm Land Hessen Berufliche Schulen bieten für Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger im Rahmen der Bildungsgänge zur Berufsvorbereitung verpflichtend Intensivklassen an. Dies ist ein Angebot für Schülerinnen und Schüler, die erst grundlegende Kenntnisse der deutschen Sprache für den Übergang in eine Berufsausbildung oder den Wechsel in einen anderen Bildungsgang erwerben müssen.

Intensivklassen an beruflichen Schulen
  • sind ein Angebot für alle Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger ab 16 Jahren bis zur Vollendung des 20. Lebensjahres an beruflichen Schulen,
  • vermitteln grundlegende Kenntnisse der deutschen Sprache in Verbindung mit einem beruflichen Fachsprachenerwerb,
  • dauern bis zu zwei Jahre,
  • sollen flexible Übergänge in andere schulische Bildungsgänge ermöglichen,
  • eröffnen Zugänge zur Ausbildungs- und Berufswelt.
TELLUS; Projekt der Crespo Foundation
Im Rahmen von „TELLUS| miteinander lehren – voneinander lernen“ sollen wegen der geringen sozialpädagogischen Betreuungskapazitäten im InteA-Programm in jeder InteAKlasse jeweils ein Studierender der Sozialen Arbeit und ein Lehramtsstudierender eingesetzt werden, die im Rahmen ihrer jeweiligen Pflichtpraktika ein Schuljahr begleiten und den Jugendlichen sowie den Lehrkräften unterstützend zur Seite stehen. Hierdurch wird nicht nur
eine angemessene Betreuung im Unterricht gewährleistet, sondern auch die Vernetzung und Begleitung in außerschulische Angebote. Alle beteiligten Personengruppen profitieren von dieser Konstellation: Die Jugendlichen erhalten eine bessere schulische und außerschulische Betreuung, die Lehrkräfte bzw. Sozialpädagogen werden entlastet und die Studierenden sammeln wertvolle Erfahrungen, die zudem unmittelbar studien- und berufsrelevant sind. Erfahrungen aus - zum Teilen - vergleichbaren Projekten in Bayern (vgl. www.lehrwerkstatt.org) belegen, dass der Einsatz von Studierenden im Klassenzimmer von den Lehrkräften als enorm bereichernd und entlastend empfunden wird. Die Studierenden-Tandems sollen eng zusammenarbeiten und konkret in den Bereich des jeweils anderen „hineinschnuppern“, um auf diese Weise ihre professionellen und fachlichen
Fertigkeiten zu erweitern. Im Idealfall erhält der angehende Sozialarbeiter so einen Einblick in das pädagogisch-didaktische Feld während der Lehramtsstudent Erfahrungen im sozialpädagogisch/sozialarbeiterischen Bereich sammelt.

Pressekontakte:
Stefan Mumme
Geschäftsführer
BHF-BANK-Stiftung
Bockenheimer Landstraße 10
60323 Frankfurt am Main
Telefon: 069 718-3519
stefan.mumme@bhf-bank.com

Oliver Dehn
Stv. Pressesprecher
Handwerkskammer Frankfurt-Rhein-Main
Bockenheimer Landstraße 21
60325 Frankfurt am Main
Telefon: 069 97172-135
dehn@hwk-rhein-main.de