Podiumsdiskussion in Brüssel


31. Januar 2017: „Partner von heute! – Partner von morgen?“: Hessische Wirtschaft wünscht sich eine Fortsetzung der guten transatlantischen Wirtschaftsbeziehungen

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Bei einer Diskussion unter dem Titel „Partner von heute! – Partner von morgen? Chancen für die hessische Wirtschaft in Europa und den USA“ haben Vertreter der hessischen Wirtschaft auf die herausragende Bedeutung der deutsch-amerikanischen Handels- und Wirtschaftsbeziehungen, insbesondere auch für kleine und mittlere Betriebe hingewiesen. Sie luden die amerikanischen Partner ein, die Gespräche über die Ausgestaltung der künftigen Beziehungen zeitnah zu beginnen, um an die Arbeit der vergangenen Jahrzehnte nahtlos anzuknüpfen. Auf dem Podium diskutierten Christian Burgsmüller, Mitglied des Kabinetts der EU-Kommissarin für Handel, Cecilia Malmström, Tim Adamson, American Chamber of Commerce to the EU, Dirk Pollert, Hauptgeschäftsführer Verband hessischer Unternehmer (VhU), Elmar Brok sowie Michael Theurer, Mitglieder des Europäischen Parlaments. Moderiert wurde der Abend von Silke Wettach, EU Korrespondentin der Wirtschaftswoche.

„Vieles von dem, was wir derzeit aus den USA hören, klingt befremdlich“, sagte Lucia Puttrich, Hessische Landesministerin für Bundes- und Europaangelegenheiten. „Hier dürfen uns aber nicht einschüchtern lassen, sondern müssen selbstbewusst auftreten. Europa ist eine starke Wirtschaftsmacht, und gerade in Hessen haben wir sehr erfolgreiche Unternehmen. Wir werden die anstehenden Herausforderungen meistern, wenn wir unsere Interessen gemeinsam vertreten. Der freie Welthandel ist für unsere Wirtschaft wichtig, für die Amerikaner aber nicht weniger. Das wird sicher auch Donald Trump irgendwann begreifen. Ich bin mir sicher, dass Europäer und Amerikaner verlässliche Partner bleiben werden.“

Bernd Ehinger, Präsident des Hessischen Handwerkstages sagte: „Etliche Handwerksbetriebe aus Hessen pflegen intensive transatlantische Beziehungen und sind als Geschäftspartner auf internationalem Parkett auf freien Handel angewiesen. Gerade kleine und mittlere Unternehmen haben großes Interesse daran, dass Vereinbarungen in Sachen Handel möglichst fair und unbürokratisch ausgestaltet sind. Beispiele von international höchst erfolgreichen und ausgezeichneten Unternehmen gibt es viele: Sie alle beobachten nun genau, wie und wohin sich die Spielregeln internationaler und europäischer wirtschaftlicher Zusammenarbeit entwickeln. Das Handwerk weiß, welche Qualität und Innovationen es liefert, warum seine Produkte und Dienstleistungen international nachgefragt werden und warum es auf die Standards seiner Ausbildungsleistung so großen Wert legt.“ Wichtig sei, die Gespräche auf Augenhöhe zu führen. Ehinger ist gleichzeitig Präsident der Handwerkskammer Frankfurt-Rhein-Main, die in Brüssel ein eigenes Büro hat, um die Interessen der 33.000 Mitgliedsbetriebe und der 134.000 Handwerker im Kammerbezirk Frankfurt-Rhein-Main zu vertreten.

Prof. Dr. Mathias Müller, Präsident der Arbeitsgemeinschaft hessischer Industrie- und Handelskammern, sagte: „Eine der tragenden Säulen der deutsch-amerikanischen Wirtschaftsbeziehungen steht in Hessen. Für das Geschäft von Banken und Finanzdienstleistern ist das offensichtlich, aber auch die Industrie ist überdurchschnittlich stark jenseits des Atlantiks aktiv. Die Ausfuhren in die USA machen in Hessen über 13 Prozent der gesamten Exporte aus, also noch einmal deutlich mehr als im Bundesdurchschnitt. Von den genannten Auslandsinvestitionen stammt sogar knapp ein Viertel allein aus Hessen. Eine Handvoll großer Unternehmen, Fresenius, Merck, Lufthansa, Heraeus, B. Braun, K + S beschäftigen in den USA allein nahezu 100.000 Mitarbeiter. Das gilt übrigens auch in die andere Richtung. Deutschland ist einer der wichtigsten Zielmärkte für US-Direktinvestitionen. Über 6.000 US-amerikanische Unternehmen sind in Deutschland aktiv, darunter über 400 allein im Bereich der IHK Frankfurt. Prominentestes Beispiel in Hessen ist sicherlich Opel. Ob die Wirtschaftspolitik der neuen Regierung die gewünschten positiven Effekte haben wird, ist umstritten. Gerade weil viele deutsche und hessische Unternehmen als Teil der US Business Community gut aufgestellt sind, bieten sich aber besondere Chancen. Die Wirtschaftsbeziehungen mit den USA stehen auf einem ganz breiten Fundament. Das Ziel der neuen Regierung, die Wachstumskräfte der amerikanischen Wirtschaft nachhaltig zu stärken, liegt auch in unserem Interesse, gerade aus hessischer Perspektive. Wir können hier als deutsche Wirtschaft viel anbieten, und gemeinsam mit unseren amerikanischen Partnern viel erreichen. Diese Partnerschaft sollten wir auch dem neuen Präsidenten anbieten.“

Dirk Pollert, Hauptgeschäftsführer Verband hessischer Unternehmer (VhU), bewertete die transatlantischen Beziehungen als „stark genug dank vielfältiger politischer, wirtschaftlicher, kultureller und menschlicher Beziehungen“, um die aktuellen Belastungen auszuhalten und zu meistern. Er sprach sich dafür aus, „das Prinzip der offenen Märkte gegenüber der neuen US-Regierung selbstbewusst und energisch zu verteidigen“ und weiter auf internationale Kooperationen zu setzen. Er warnte, dass Protektionismus den Wohlstand auf allen Seiten reduziere. Die Politik in Europa und in den USA müsse weiterhin „so viel Multilateralismus wie möglich“ bei der Bewältigung globaler Aufgaben anstreben und dazu Institutionen wie die WTO, G7 und G20 sowie die NATO stärken, um Erfolge etwa in den Bereichen Handel, Sicherheit, Klimapolitik und Entwicklungshilfe zu erreichen.“