Fokus Ausbildung


Kammerpräsidentin Susanne Haus im Interview

 

Schwerpunktthema Ausbildung

Die Industriekampagne Frankfurt am Main befragt HWK-Präsidentin Susanne Haus

 

Für wen lohnt es sich, über eine Ausbildung im verarbeitenden Handwerk nachzudenken?

Susanne Haus: Für jeden, der gerne anpackt und gestaltet – und am Ende des Tages ein greifbares Ergebnis sehen will. In kaum einer anderen Branche bekommt man so direktes und schnelles Feedback wie im Handwerk. Das ist großartig. Über eine Ausbildung im Handwerk nachzudenken, lohnt sich deshalb immer und für jeden. Handwerk ist Kopf, Hand und Herz.
 

Welche Voraussetzungen sollten junge Menschen mitbringen, die sich für eine Ausbildung im verarbeitenden Handwerk bewerben möchten?

SH: Wer mit Motivation und Freude eine Ausbildung startet, hat bereits das beste Werkzeug. Und klar: Handwerkliches Geschick ist ebenfalls von Vorteil. Ob Abitur, Real- oder Hauptschulabschluss: Unsere Ausbildungsbetriebe bieten jedem die Möglichkeit, mit einer Ausbildung im Handwerk eine Karriere zu starten, unabhängig von Herkunft, Hautfarbe oder Geschlecht. Auch junge Leute, die ein Studium begonnen hatten und damit nicht glücklich wurden, sind im Handwerk richtig aufgeblüht. Nicht zu vergessen die Menschen, denen nicht alles so einfach im Leben gelingt: Auch hier kann Handwerk helfen. Unsere Betriebe übernehmen Verantwortung in und für die Gesellschaft. Das ist für uns eine soziale Selbstverständlichkeit. Im Handwerk steht der Mensch mit seinen persönlichen Interessen und individuellen Talenten im Vordergrund.
 

Welche Möglichkeiten und Zukunftsperspektiven kann eine Ausbildung im verarbeitenden Handwerk eröffnen?

SH: Zukunft ohne Handwerk? Funktioniert nicht. Handwerk ist unverzichtbar für das tägliche Leben und die Herausforderungen, vor denen unser Land steht. Alle reden von Energie- und Mobilitätswende: Es wird immer Frauen und Männer geben müssen, die dies auch umsetzen. Letztlich ist es das Handwerk, das energieeffizientes Bauen und Sanieren erst möglich macht. Es sind Handwerkerinnen und Handwerker, die Ladesäulen und Solardächer installieren. Die Arbeit geht unseren Betrieben nicht aus. Dass Handwerkerinnen und Handwerker oft weniger arbeitssuchend sind als Akademikerinnen und Akademiker, ist inzwischen auch kein Geheimnis mehr. Und wer sich weiterbildet, hat beste Verdienst- und Karrieremöglichkeiten bis hin zum eigenen Betrieb. Eine Art „Jobversicherung“ dafür ist der Meisterbrief. Wer dieses Siegel für Exzellenz in der Tasche hat, kann ausbilden und einen eigenen Betrieb führen.
 

Wie stehen derzeit die Chancen für Ausbildungsplatzsuchende im verarbeitenden Handwerk und wie hat sich die Situation ggf. durch die Corona-Pandemie verändert?

SH: Wer im Handwerk eine Ausbildung beginnen will, hat zurzeit sehr gute Chancen, einen Ausbildungsplatz zu bekommen. Auf unserer Online-Plattform www.lehrstellen-radar.de bringen wir Ausbildungsplatzsuchende und Betriebe zusammen. Unsere Betriebe wollen ausbilden. Fachkräfte sind händeringend gesucht. Von der Corona-Pandemie lässt sich das Handwerk nicht ausbremsen. Im Gegenteil: Viele Ausbilderinnen und Ausbilder haben gerade in den Hochphasen der Pandemie tolle und kreative Konzepte entwickelt, um ihren Auszubildenden praktische und theoretische Unterrichtsinhalte nahezubringen. In vielen Betrieben haben die Herausforderungen, die das Virus mit sich gebracht hat, Teams noch enger zusammengeschweißt und den Zusammenhalt gestärkt.
 

Was macht Frankfurt am Main aus Ihrer Sicht als Ausbildungsstandort besonders attraktiv?

SH: Frankfurt ist das Herz der Region. Frankfurt ist lebendig, aktiv, voller Kraft. Frankfurt heißt Vielfalt, Internationalität, Kultur. Für Menschen, die ihre Zukunft starten, ist die Stadt mit ihrem Potenzial besonders attraktiv. Viele unternehmensnahe Bildungseinrichtungen haben daran Anteil. Dass Frankfurt wirtschaftlich so prosperiert und weit in die Region strahlt, ist der Diversität der ansässigen Unternehmen zu verdanken. Diese Vielfalt bereichert, schafft Dynamik und garantiert Stabilität, auch in Krisenzeiten. Nicht vergessen werden darf die hervorragende Infrastruktur: Frankfurt liegt mitten in Deutschland, ist von überall her gut erreichbar und auch in die Region gut vernetzt.
 

Welche Tipps möchten Sie Schülerinnen und Schülern für die Suche nach einem Ausbildungsplatz im verarbeitenden Handwerk an die Hand geben?

SH: Zuerst muss klar sein, in welchem Bereich man eine Ausbildung machen möchte. Das Handwerk bietet mit 130 Ausbildungsberufen eine Vielfalt wie kaum ein anderer Wirtschaftszweig. Praktika, Berufsorientierungstage oder Ausbildungsmessen helfen, den richtigen Weg zu finden. Auch unser Lehrstellen-Radar kann helfen, den Traumjob zu finden. Es zeigt freie Ausbildungs- und Praktikumsplätze der Handwerksbetriebe – auch in der Region. Das wichtigste ist: Keine Scheu haben! Und flexibel sein!
 

Was kann man tun, wenn man noch keine genaue Vorstellung davon hat, welcher Ausbildungsberuf zu den eigenen Interessen und Begabungen passen könnte?

SH: Grundsätzlich kann ich immer nur raten: Probiert einfach aus! Überlegt, was Euch Spaß macht! Nutzt die Berufsorientierung an den Schulen! Habt keine Scheu, beim Betrieb nebenan einfach mal vorbeizugehen und nach einem Praktikum zu fragen! Auch hier hilft übrigens unser Lehrstellen-Radar www.lehrstellen-radar.de weiter, das freie Praktikumsstellen in der Region anbietet. Eine weitere Option, sich zu orientieren, ist unsere digitale Azubimesse, die 24 Stunden rund um die Uhr jederzeit aktiv ist, reinklicken lohnt sich: Hier finden Interessierte ebenfalls alles Wichtige rund um eine Ausbildung im Handwerk. Das Berufe-Navi www.berufenavi.de ist ebenfalls eine tolle Möglichkeit, sich Anregungen und Ideen zu holen und sich zu orientieren.
 

Welche Hilfestellungen bietet die Handwerkskammer im Rahmen der Ausbildungsberatung an?

SH: Wir arbeiten eng mit unseren Bildungspartnern in Frankfurt und der Region zusammen. Es gibt Ausbildungs- und Berufsmessen vor Ort. Unsere Experten der Ausbildungsberatung haben VR-Brillen entwickelt, mit denen man Handwerksberufe erleben kann. Wir haben unseren virtuellen Messestand, der 24 Stunden rund um die Uhr interaktiv Infos rund um Ausbildung im Handwerk bietet: Es macht Spaß, sich da hindurch zu klicken; das geht auch bequem vom Sofa aus. Wir bieten Schnupper- und Orientierungstage in unseren Berufsbildungs- und Technologiezentren an – auch hier kann man unterschiedliche Handwerksberufe ausprobieren.
 

Wie können Eltern bei der Suche nach der passenden Ausbildung unterstützen?

SH: Ich kann immer nur raten: Unterstützen Sie Ihre Kinder in ihren Interessen, Wünschen und Fähigkeiten. Sich daran zu orientieren, ist immer der beste Weg, dass junge Menschen tatsächlich einen Beruf finden, der ihnen Freude macht, und zwar dauerhaft und langfristig. Eltern sollten gemeinsam mit ihrem Kind überlegen, in welche Richtung es gehen kann. . Die Karriereperspektiven sind da – hier hat jeder die Möglichkeit, seinen eigenen und guten Weg zu finden.